HEXE-Konzept vom 20.11.2000

Projektbetreiber:

Harz EXpress Eisenbahnen (HEXE)

Leubnitzer Weg 3c

13593   Berlin

 

 

1. Zusammenfassung

In der Region Ost-Harz der Bundesrepublik Deutschland sollen durch Übernahme bestehender und Wiederaufbau stillgelegter Schienenwege sowie durch den Aufbau von Hotelkapazitäten positive Impulse gegeben werden zur:

  • gezielten Lenkung und Steigerung des schienengebundenen Güter- und Personenverkehrs
  • Belebung des umweltgerechten Tourismus
  • Steigerung der Wirtschaftskraft und Anhebung der Beschäftigungs-quote in der Region

 

2.  Derzeitige Situation mit der DB AG als Betreiber

Im Personenverkehr wird die Strecke Magdeburg-Halberstadt-Thale mit Diesellokomotiven der Baureihen 228 bzw 218 und modernisierten, vierachsigen Nahverkehrswagen betrieben.

Die Strecke Halberstadt-Blankenburg wird als RegionalBahn annäherend im Stundentakt mit Dieseltriebwagen der Baureihe 628 bedient. Dies geschieht derart, dass stets in Blankenburg eine Einheit ein Stillager von knapp einer Stunde hat. Dadurch erhöhen sich ohne Notwendigkeit die Betriebkosten pro Umlauf. Auch der Personaleinsatz ist unter diesen Umständen unwirtschaftlich. Der derzeitige Betreiber scheint damit nach bekanntem Muster darauf abzuzielen, die Unwirtschaftlchkeit der Strecke zu dokumentieren, um sie dann Schritt für Schritt für den Personenverkehr unattraktiv und für das Land unbezahlbar zu machen.

Auf der Rübelandbahn von Blankenburg nach Elbingerode sind zur Zeit etwa alle zwei Stunden RegionalBahn-Züge eingesetzt, die aus einem modernisierten vierachsigen Nahverkehrswagen und einer sechsachsigen Elektrolokomotive der Baureihe 171 bzw seit November 2000 einer vierachsigen 2500 PS-Diesellok Baureihe 218 besteht. Diese Betriebsart ist wegen der leistungsmäßig völlig überdimensionierten Loks wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen. Zudem haben die Einheiten in Elbingerode ein längeres Stillager, welches für das eingesetzte Fahrzeugmaterial und das Personal lange Betriebspausen schafft. Hierdurch wird eine Stillegung der Strecke für den Personenverkehr geradezu provoziert.

Im Güterverkehr wird mit acht Zugpaaren pro Tag vornehmlich Kalk aus der Region Rübeland/Elbingerode abgefahren. Jeder einzelne Zug wird mit zwei Elektrolokomotiven der Baureihe 171 bis Blankenburg befördert, von denen je eine an der Spitze und am Ende des Zuges eingestellt ist. Da die Strecke in Lastrichtung hauptsächlich fällt (beladene Züge fahren talwärts), ist der Einsatz von zwei Loks dieser Leistungsklasse für Züge mit bis zu 1000t nicht notwendig und daher grundsätzlich verbesserungsfähig.

 

Die Strecke Blankenburg-Elbingerode wird derzeit noch für den Güterverkehr elektrisch mit 25kV Einphasen-Wechselstrom bei einer Frequenz von50 Hertz betrieben. Die Anschlußstrecken ab Blankenburg sind nicht elektrifiziert. Erst in Hildesheim, Magdeburg oder Halle werden wieder Strecken mit Oberleitung erreicht. Somit stellt die Rübelandbahn einen Inselbetrieb mit besonderer Stromart dar. Im Jahre der Elektrifizierung war diese Lösung zumal unter den wirtschaftlichen Gegebenheiten der damaligen DDR sicherlich die technisch Optimale. Auch heute ist grundsätzlich der Verkehr mit Elektrofahrzeugen insbesondere für den Transport großer Lasten auf starken Steigungen allen anderen Antriebsarten vorzuziehen. Auf der relativ kurzen Rübelandbahn stehen dem jedoch entgegen, daß mit Landesstrom, nicht mit Bahnstrom gefahren wird und die Strecke weit entfernt vom übrigen elektrifizierten Netz der DB gelegen ist. Lokdurchläufe kann es daher nicht geben, obwohl durch den Einsatz von Mehrsystem-Eletrolokomotiven bautechnisch möglich. Eine weitere Elektrifizierung der Anschlußstrecken muß wegen zu hoher Investitionen und zu geringer Streckennutzung als Lösung ausscheiden, obwohl dies wünschenswert wäre. Für den elektrischen Betrieb auf der Rübelandbahn müssen zudem als "Havariekonzept" Großdiesellokomotiven vorgehalten werden, die im Falle einer Stromunterbrechung zum Einsatz kommen. Die jetzt vorhandenen Elektrolokomotiven aus den 60er Jahren sind nach heutigem Maßstab unwirtschaftlich und zudem nach 35 Einsatzjahren zunehmend schadanfällig. Vier Exemplare sind bereits ausgemustert und verschrottet worden. In nächster Zeit müssen auch die verbliebenen Loks abgelöst werden.

 

 

3.   Projektvorschlag HEXE

3.1. Die Bahn

Durch die Übernahme, Modernisierung und Ausbau der Schienenstrecken der ehemaligen Halberstadt-Blankenburger-Eisenbahn (HBE) sollen die Voraussetzungen geschaffen werden für die verstärkte Verlagerung des Güter- und Personenverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Grundlage des Projekts ist, die bestehende Strecke von Halberstadt über Blankenburg nach Elbingerode zu sanieren und für höhere Fahrgeschwindigkeiten bis 60 km/h tauglich zu machen. Die Strecke Halberstadt-Blankenburg wird für Tempo 140 ausgebaut. Unabdingbar ist der Wiederaufbau des 4 Kilometer langen Streckenabschnitts von Elbingerode nach Drei-Annen-Hohne. Hier sind keine Kunstbauten notwendig, allerdings muß ein Strassenübergang im Raum Elbingerode gesichert werden.

Damit könnten umweltfreundliche Personentriebwagen mit Bio-Dieselantrieb im Stundentakt Personen in einer Fahrzeit von 45 Minuten von Blankenburg nach Drei-Annen-Hohne transferieren. Von hier aus ergeben sich Möglichkeiten zur Weiterfahrt mit den Harzer Schmalspureisenbahnen (HSB) nach Nordhausen, Gernrode und Wernigerode, insbesondere aber zum Brocken.

In einem zweiten Schritt ist geplant, den Streckenast nach Königshütte entweder über Tanne/Sorge oder - vorzugsweise - über Elend nach Braunlage zu führen. Diese Strecke soll ausschließlich dem Personenverkehr dienen und die direkte Anbindung des Westharz herstellen.

Für den Personenverkehr sollen moderne Triebwagen beschafft werden, die eine hohe Personentransportkapazität und zugleich durch zukunfts-weisende Technologie günstige Energieverbrauchswerte aufweisen. Be-nötigt werden zunächst 2 Triebwagen für den Planeinsatz sowie eine Einheit als Reserve.

 

Der Güterverkehr soll durch effektivere Transportleistungen auf der Strecke Halberstadt-Blankenburg-Elbingerode gesteigert werden, so dass ein Großteil der LKW-Fahrten durch das Gebiet entfallen können. Dem Strassenausbau sind durch enge Flusstäler ohnehin natürliche Grenzen gesetzt. Die derzeitige Belastung durch LKW-Transporte ist vor allem im Raum Rübeland für Einwohner und Touristen unverhältnismäßig groß. Daher ist es unumgänglich, neben dem Kalk- auch den Holztransport über den Schienenweg abzuwickeln. Auch der Stückgutverkehr sollte für Blankenburg, Hüttenrode, Rübeland und Elbingerode wieder verstärkt einbezogen werden. Hierfür werden leistungsstarke Lokomotiven mit Bio-Diesel-Antrieb benötigt, die den elektrischen Inselbetrieb überflüssig machen und eine dem Elektrobetrieb vergleichbare Energiebilanz aufweisen müssen. Für den Planbetrieb müssen täglich 4 Loks zur Verfügung stehen. Zusätzlich ist eine Reserve von 2 weiteren Loks einzuplanen.

 

Museumsbetrieb soll auf der Strecke Blankenburg-Drei Annen Hohne mit Dampflokomotiven durchgeführt werden, die ehemals auf der Rübelandbahn zum Einsatz gekommen sind. Hierfür werden zwei Loks der Baureihe 95 (95 027 der DB und 95 der Museumsbahn Dieringhausen) erworben und aufgearbeitet. Die bereits in Rübeland hinterstellte „Mammut“ wird ebenfalls betriebsfähig hergerichtet. Für den Einsatz dieser Loks ist die ent-sprechende Infrastruktur zu schaffen: Lokbehandlungsanlage im Bw Blankenburg sowie Wasser- und Kohle-Vorräte in Blankenburg und in Elbingerode.

 

Als Betriebmittel sind vorgesehen:

  • Übernahme der bestehenden Strecke Halberstadt-Blankenburg-Königshütte samt Infrastruktur von der Deutschen Bahn; Sanierung durch Bundesmittel
  • Wiederaufbau der Verbindung von Elbingerode nach Drei-Annen-Hohne, finanziert durch die EU
  • Beschaffung oder Leasing von zunächst 6 remotorisierten Diesel-Lokomotiven der DB-Baureihe 218 für den Güterverkehr und 3 modernisierten Diesel-Triebwagen mit je ca. 100 Sitzplätzen für den Personenverkehr, alle Fahrzeuge sollen zunächst mit Bio-Diesel betrieben werden, später soll die derzeit in Entwicklung begriffene Brennstoffzellen-Technologie Anwendung finden, finanziert durch die EU
  • Modernisierung von drei Dampflokomotiven: Mammut und 2 Loks der Baureihe 95 für den Museumsbetrieb, finanziert durch die EU, Unterhaltung durch die anliegenden Städte und Gemeinden
  • Schaffung der für den Dampfbetrieb notwendigen Infastruktur, finanziert durch Land und Gemeinden
  • Aufbau eines FunkFahrBetriebs mit einer Zentrale im alten Bahnhof Rübeland, finanziert durch die EU
  • Abriß und Neubau der Empfangsgebäude in Hüttenrode und Elbingerode, finanziert durch Land und Bund
  • Abriß der Stellwerke Blankenburg, Bast, Hüttenrode und Rübeland durch DB
  • Demontage der Fahrleitung von Bast bis Königshütte, sowie im Rangierbahnhof Blankenburg durch DB
  • Aufbau einer Werkstatt und einer Abstellhalle für VT in Blankenburg, finanziert durch EU
  • Anschaffung eines gebrauchten Schienenkleinkraftwagens (SKL)
  • Anschaffung von Strassenfahrzeugen: ein PKW (Golf-Klasse) und drei Kleinbussen, sowie drei Kleintransportern, finanziert durch EU
  • Betriebsleitung/Geschäftsführung der HEXE im zur Zeit leerstehenden Haus in Neuwerk-Kreuztal (jetziger Eigentümer: Stadt Elbingerode).  

 

 

3.2. Der Tourismus

Die verbesserten Schienenverkehrsverbindungen sollen den Tourismus in der Region in umweltgerechte Bahnen lenken. Nach einer Einführungsphase ist fest damit zu rechnen, dass sich erheblich mehr Menschen für einen „ortsfesten“ Urlaub im Raume Rübeland entscheiden können. Beste Voraussetzungen hierfür sind u.a. durch die Tropfsteinhöhlen, den Blauen See, das Talsperren-System, die Brockenregion, die HEXE und die HSB gegeben. Weit gewichtiger sind jedoch die Möglichkeiten der Natur-erlebnisse auf Wandertouren und Studienexkursionen. Hier soll durch den Wiederaufbau der Ferienunterkünfte im abgeschiedenen Rübeländer Ortsteil Neuwerk entscheidend Einfluß genommen werden. Der Zugang sollte mög-lichst über die alte Eisenbahnstrecke vom Bahnhof Rübeland zum Stein-bruch Diabas erfolgen. Als Einsatzmittel sind Draisinen vorgesehen, aber auch der Einsatz von Triebwagen soll möglich sein.

 

Im Einzelnen ist geplant:

  • Wiederaufbau der Strecke Rübeland-Neuwerk (EU).
  • Übernahme und Sanierung des „Hauses des Hafenarbeiters“ in Rübeland, Verwendung als Hotel für einfache Ansprüche (Treuhand/Gemeinde Rübeland?)
  • Übernahme und Sanierung des ehemaligen Hotels Nagel an der Bode in Neuwerk, Verwendung als Hotel für gehobene Ansprüche (Treuhand?)
  • Übernahme des Schulungszentrums Neuwerk, Verwendung als Kongresszentrum für Touristen (?)
  • Übernahme und Ausbau des Aussiedlerlagers Diabas in Neuwerk; Verwendung als Feriendomizil für Familien (Treuhand)
  • Übernahme des ehemaligen Steinbruchs Diabas in Neuwerk als Freilichtschaubühne (Treuhand/Land Sachsen-Anhalt)
  • Nutzung der Gesundheitsquelle Neuwerk für Trinkkuren unter ärztlicher Aufsicht.

Angeboten werden neben neuzeitlichem Hotelservice in allen Häusern folgende Erlebnisexkursionen in nahen Umgebung:

  • Pilzkunde
  • Flora und Fauna
  • Geologie (Steinbrüche)
  • Geschichte der Wasserwirtschaft
  • Geschichte des Bergbaus

 

 

3.3. Die Wirtschaft

Die Attraktivität der engeren Region Rübeland/Brocken ist durch verschiedene Naturgegebenheiten und historische Orte ausserordentlich groß. Derzeit können diese Vorteile nicht ausreichend genutzt werden, da weder die öffentlichen Verkehrsanbindungen, noch die Übernachtungs-möglichkeiten den Touristen ein Kommen und – vor allem - Verbleiben in der Region nahe legen. Durch die erheblich verbesserten Bahnanbindungen, kombiniert mit den aufzubauenden Hotelbetrieben ändert sich die negative Situation grundlegend. Es ist daher zu erwarten, dass nach einer Anlauf-phase die Hotelbetriebe mit einer Bettenzahl von insgesamt 200 im Durchschnitt zu 50% ausgelastet sein werden. Im Nebeneffekt haben auch die bestehenden Gastronomiebetriebe und die andere Gewerbe einen materiellen Vorteil durch die längerfristige Anwesenheit von zusätzlichen Erholungssuchenden.

 

Die derzeit bei der Deutschen Bahn Beschäftigten werden übernommen, wenn diese es wünschen. Voraussichtlich werden Spezialisten zusätzlich eingestellt. Im Wesentlichen werden Arbeitsplätze erhalten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Deutschen Bahn abgebaut werden würden.

 

Die Sanierung und die Neubaumaßnahmen erfordern den Einsatz unter-schiedlicher Unternehmen in Tief- und Hochbau. Diese sollten vorwiegend aus der Region kommen. Das sichert hier qualifizierte Arbeitsplätze.

 

Die Beschaffung von Lokomotiven und Triebwagen sichert und schafft Arbeitsplätze in der einschlägigen Industrie auch des Landes Sachsen Anhalt (Fahrzeugbau Halberstadt und Zuliefer-Industrie).

 

Die Hotelbetriebe benötigen Personal, das neu eingestellt werden muß. Hier werden zusätzlich qualifizierte Arbeitsplätze im Ostharz entstehen.

 

Über Beschäftigungs-Projekte könnten ausgebildete, arbeitslose Jugend-liche vom Wissen und der Erfahrung älterer Personen, die kurz vor dem Ruhestand stehen, lernen und sich auf diese Weise für den ersten Arbeitsmarkt qualifizieren.

 

Durch Zunahme der Touristenzahlen wird die Wirtschaftskraft insgesamt gestärkt. Grundsätzlich wird mit einer Belebung der Beschäftigung zu rechnen sein. Steigende Attraktivität und zusätzliche Verdienstmöglich-keiten werden dazu beitragen, die Abwanderung der Bevölkerung im Ostharz zu stoppen.